Lenormandkarten umgekehrt – was bedeutet das?

Lenormandkarten umgekehrt - was bedeutet das?

Liegen die Lenormandkarten umgekehrt, also kopfüber in Ihrer Legung, kann man diesen Karten eine besondere Bedeutung beimessen. Umgekehrte Karten können in ihrer Aussage buchstäblich einiges drehen. Im Tarot ist das eine gängige Methode der Interpretation, jedoch hat man umgekehrte Karten im Lenormand bislang kaum oder gar nicht beachtet. Keine Sorge, Sie haben deswegen die Karten nicht falsch gedeutet. Der Blick auf die Umkehrung ist keine Pflicht, sondern lediglich die Kür. Kartendeuten funktioniert genauso, wenn die umgedrehten Karten unbeachtet bleiben. Es ist nur eine Frage der persönlichen Präferenz, ob man umgekehrten Karten Beachtung schenken möchte. Wenn ja, können diese einen deutlichen Mehrwert an Informationen bieten.

Ich finde die Deutung der Umkehrung in psychologischer Hinsicht besonders interessant. Immer, wenn es darum geht, die menschliche Psyche und die zwischenmenschlichen Spielarten zu beleuchten, ist es das »Tüpfelchen auf dem i« die umgekehrten Karten einer speziellen Deutungssicht zu unterziehen. Welche Bedeutungen dafür in Frage kommen, sehen Sie gleich.

Grundregeln für die Umkehrung von Lenormandkarten

Jeder Mensch entwickelt seine eigene Sprache mit den Lenormandkarten. Somit kann jeder für sich entscheiden, ob er umgekehrte Karten als besondere Erscheinung betrachtet oder ob er sie einfach übersieht. Sie lassen sich ja jederzeit aufrecht ausrichten und gleichen sich somit den anderen an. Wendet man die Umkehrung an, sollte man sich an folgende vier Grundregeln halten:

Grundregel #1

Wichtig ist die Konsequenz. Wenn man sich einmal dafür entscheidet, umgekehrte Karten besonders zu behandeln, sollte man dies konsequent durchziehen und bei jeder Legung beibehalten. Ansonsten tritt bei der Deutung Willkür auf den Plan. Einmal beachte ich sie, weil damit die Deutung schöner wird, ein anderes Mal lasse ich sie weg, weil ich mich von den Aussagen der Umkehrung nicht „stören“ lassen möchte. Somit verwässere ich meine eigene Deutungsstruktur und umgehe meine eigenen Prinzipien.

Möglich wäre allerdings eine Trennung zwischen Großer Tafel und kleinen Legungen. Wenn Sie für sich festlegen, dass Sie in der Großen Tafel auf die Ansicht der Umkehr verzichten möchten, weil es Ihnen – verständlicherweise – zu kompliziert erscheint, können Sie beim Auslegen einfach die Karten aufrecht drehen.

Grundregel #2

Im Tarot lautet die Regel: Bevor man die Karten mischt, sollte man dafür sorgen, dass genügend Karten auf dem Kopf stehen, indem man sie einmal auf dem Tisch alle wild durchmischt. Anschließend mischt man die Karten wie gewohnt. Für das Tarot ist dieses „Vormischen“ eine gute Idee, weil man immer nur eine Einzelkarte zieht und deutet. Dann können gerne so viele umgekehrte Karten auftauchen wie sie wollen. Im Lenormand deutet man aber selten nur eine einzelne Karte, sondern Kombinationen. Damit ist die Deutung schon von Hause aus wesentlich komplexer. Und genau deshalb sollten es nicht zu viele auf dem Kopf stehende Karten sein.

Ich empfehle daher vor dem gewohnten Mischen darauf achtzugeben, dass die Karten alle aufrecht ausgerichtet sind! Das ist also genau die gegenteilige Herangehensweise. Nun wird normal gemischt und gezogen. In diesem YouTube Video zeige ich, wie ich das Mischen und Ziehen handhabe. Dabei wende ich beim Ziehen der Karten eine geniale Technik an, die Sie unbedingt kennenlernen sollten.

Wenn nun Karten beim Mischen herausspringen oder herausfallen, stecken Sie diese zurück, ohne darauf zu achten, ob sie auf dem Kopf steht oder nicht. Das ist der springende Punkt! Denn genau jetzt hat diese Karte die Chance, sich umzudrehen und damit zum exklusiven Botschafter zu werden.

Der Zauber besteht nun darin, dass umgekehrte Karten wegen der vorherigen Ausrichtung nicht gehäuft vorkommen, sondern eher eine Ausnahme darstellen. Und genau diese Ausnahme hat es in sich. Manchmal passiert die Umkehrung auch ohne, dass Sie es bemerken. Dann ist ein wenig Magie im Spiel. Diese Karte will später Ihre Aufmerksamkeit!

Grundregel #3

Aus den Deutungstechniken, die ich für die umgekehrten Karten gleich vorstelle, sollten Sie eine auswählen, die Sie direkt oder nach einem Praxistest am meisten anspricht (während der Testphase sollte man alle mal durchprobieren). Es ist sehr wichtig, dass Sie sich spätestens nach der Testphase für eine Methode entscheiden und nicht alle nach Belieben anwenden. Denn dann verfälschen Sie Ihre Deutung garantiert. Wenn Sie sich für eine Technik entscheiden, sollten Sie diese dauerhaft beibehalten.

Grundregel #4

Normalerweise gibt es Lenormandkarten, die mit gewissen Funktionen ausgestattet sind. Zum Beispiel sind Mäuse und Sense »Zwei-Gesichter-Karten« und wirken somit je nach Lage unterschiedlich auf ihre Nachbarkarten. Diese Funktionen sind in der umgekehrten Lage ungültig! Hier kann die Karte nur ihre üblichen Bedeutungen widerspiegeln und keine Besonderheiten. Das Gleiche gilt auch für »Botenkarten«.

Die beiden Hauptpersonenkarten sollten nie auf dem Kopf liegen. Dafür würde eine Deutung aus umgedrehter Lage aus meiner Sicht keinen Sinn machen. Auch andere Karten, denen Personen zugewiesen wurden, wie Bär und Schlange, sollten immer aufrecht betrachtet werden. Wenn diese nicht als Personenkarte zugeteilt wurden, können sie selbstverständlich auf dem Kopf gedeutet werden, siehe das Beispiel (Schlange) unten.

Deutungstechniken für die umgekehrten Lenormandkarten

Intensivierte Bedeutung

Die umgekehrte Karte gewinnt an Intensität und damit an Bedeutung. Sie ist sozusagen der Platzhirsch innerhalb der Legung oder Kombination und wird stärker gewichtet. Trotz der Betonung wird die Aussage der anderen Karten nicht gemindert. Ist eine positive Karte unter lauter negativen Karten umgekehrt, werden dadurch die negativen Karten nicht aufgehoben! Nur der positive Aspekt ist stärker als sonst.

Beispiel: Wege (umgekehrt), Ruten, Anker

Hier sind die Wege betont. Das bedeutet, es geht definitiv um eine Entscheidung. Wären die Wege nicht aufrecht, würde dies bedeuten, dass man über eine Entscheidung im Beruf (oder ein Vorhaben) erst nachdenken und abwägen (Ruten) sollte. Die Entscheidung muss nicht direkt fallen.
Sind die Wege umgekehrt, geht es darum, ein endgültiges Fazit zu ziehen und zu entscheiden.

Umgekehrte Bedeutung

Im Tarot wird die Grundaussage der Karte einfach ins Gegenteil verdreht. So würde bei der Sonne aus einem „Erfolg“ ein „Mißerfolg“ werden oder statt „Glück“ würde bei der umgekehrten Karte ein „Unglück“ hervorgehen. Mir persönlich ist diese Betrachtung zu »Schwarz-oder-weiß«, eben einseitig und zu weit weg vom Kerngedanken der Karte.

Ich bevorzuge es, mich an das Ying Yang anzulehnen. Sie alle kennen das Ying und Yang-Zeichen. In der weißen Welle ist immer ein schwarzer Kern und in der schwarzen Welle ist immer ein weißer enthalten. Genau diese Überlegung, dass alles noch so Gute auch immer einen Keim des Schlechten in sich trägt und alles noch so Schlechte auch immer etwas Gutes in sich erzeugen kann, ist auf die Symboldeutung der Karten übertragbar. Damit werden bei einer überwiegend positiven Karte die schwierigen Aspekte beleuchtet, die dem Symbol genauso innewohnen wie seine vornehmlich angenehmen Seiten. Bei einer überwiegend negativen Karte, werden hingegen die konstruktiven Aspekte hervorgebracht.

Würden wir den Turm anders herum betrachten, würde er uns zum Beispiel mitteilen können, dass es wichtig ist, sich abzugrenzen, nein zu sagen oder sich Selbstdisziplin aufzuerlegen. Betrachten wir die Sonne umgekehrt, würden wir buchstäblich ihre Schattenseiten erkennen: Das Glück herauszufordern, zu viel zu verlangen, nicht genug haben zu können, eben bisschen zu viel Größenwahn und den Platz an der Sonne nicht teilen wollen. Aber auch Selbstherrlichkeit, ein zu ausgeprägte Willenskraft und Egozentrik wären für mich klassische Züge der Umkehrung.

Beispiel: Reiter und Ruten

Betrachten wir beim Reiter die Kehrseite bzw. die schwierigen Aspekte, erkennen wir folgendes:

Übertriebenes Geltungsbedürfnis, Selbstüberschätzung, überstürztes Handeln, Rücksichtslosigkeit, Kampfansagen, Konkurrenzdenken, Ungeduld, „auf dem hohen Roß sitzen“, unbesonnenes Verhalten, sich nicht zu benehmen wissen

Die Kombination mit den Ruten würde dann zu dieser Deutung führen:

Der Reiter handelt hier in weniger guten Absichten. Er beschwört einen Streit herauf und verhält sich alles andere als kollegial. Seine Meinung zählt, und er setzt sich rücksichtslos über die Interessen anderer hinweg. Unser sonst so freundlicher gesonnener Bursche ist jetzt richtig auf Krawall gebürstet und will sich auf Biegen und Brechen durchsetzen. Dafür könnte er verletzende und provozierende Worte benutzen oder sich unlauterer Wettbewerbsstrategien bedienen. Möglicherweise spielt er dabei einen gegen den anderen aus (wenn z. B. noch der Fuchs in die Kombi blicken würde). Dieses Verhalten könnte aus psychologischer Sicht für eine Person gelten, nach der in der Legung gefragt wird.

Beispiel: Schlange und Lilien

Betrachten wir beim Schlange die Kehrseite bzw. die schwierigen Aspekte, erkennen wir folgendes:

Instinkt; Vorsicht; voraussschauend, taktierend; in die Defensive gehen, sich verteidigen; ein gutes  Gewissen; Gerechtigkeit; Gnade, Milde; Vergebung; verzeihen können; sehr gut beobachten, ins Visier nehmen; auf der Hut sein, sich nichts in Boxhorn jagen lassen; intelligent, geschickt; sich von etwas lösen, eine „alte Haut“ abstreifen; eine klare Linie suchen (nicht schlängeln)

Die Kombination mit den Lilien würde dann zu dieser Deutung führen:

Dieses Beispiel zeigt schön, dass die Schlange mit den Lilien zusammen nicht immer die klassische Verführung und Versuchung darstellen muß. Schlange und Lilie bilden hier einen ganz anderen Aspekt ab. Ist die Lage der Schlange umgekehrt, gewinnt sie an freundlichen Eigenschaften. Nun geht es mit den Lilien um Frieden und Eintracht. Die Lilie verkörpert ohnehin die Suche nach Harmonie und Gleichklang. Mit der im umgedrehten Falle zur Sanftmut neigenden Schlange entsteht daraus sogar Vergebung, Güte und Wohltätigkeit. Eine ganz andere Ansicht als wir sonst von der Schlange gewohnt sind. Wenn wir die neue Qualität der Schlange in ihrer Aussagekraft weiterspinnen, könnte man sogar meinen, dass sie buchstäblich angekrochen kommt! Vor allem die Lilie würde zusätzlich betonen, dass sich jemand mit einem wieder gut stellen möchte, vielleicht sogar um Verzeihung bittet.

Abgeschwächte Bedeutung

Weiter oben habe ich die Intensivierte Bedeutung der umgekehrten Karten vorgestellt. Eine andere Deutungstechnik legt nicht Gewicht auf, sondern nimmt es ab. Dadurch wird die umgedrehte Karte in Ihrer Aussagekraft abgeschwächt. Sie hat also einen etwas geringeren Einfluss auf die restlichen Karten, was aber nicht bedeutet, dass sie nivelliert wird. Sehen wir uns das Beispiel von oben nochmal an.

Beispiel: Wege (umgekehrt), Ruten, Anker

Nun sind nicht die Wege nicht mehr vorherrschend, sondern wegen der Wahl der Deutungsmethode abgeschwächt. Dies hat zur Folge, dass die Entscheidung im Job oder bei einem Vorhaben nicht die vorrangige Rolle spielt. Viel mehr geht es darum, diese Entscheidung zu überdenken und zu analyiseren (Ruten). Zu treffen gilt es sie noch nicht, weil die Wege hier nur eine verminderte Wirkung haben.

Falscher Zeitpunkt

Sollten innerhalb einer 2er oder 3er Kombination alle Karten umgekehrt liegen, kann dies ein deutlicher Hinweis sein, dass der Zeitpunkt für die Fragestellung falsch ist! Lassen Sie es gerade bleiben und probieren Sie auch nicht, die Frage anders zu formulieren. Das Thema soll im Moment nicht angerührt werden – Ihr Lebensplan hat gute Grunde dafür.
Diese Deutungstechnik können und sollten Sie stets einbeziehen, ganz gleich für welche andere Methode Sie sich entscheiden.

Grenzen der Umkehrung

Aus dem Tarot sind weitere Deutungstechniken für die Umkehrung bekannt. Diese vorzustellen, würde den Rahmen sprengen. Zumal ich nicht alle für übertragbar halte, weil der Symbolgehalt des Lenormand Unterschiede zum Tarot aufweist.

Wichtig zu erwähnen, ist aus meiner Sicht die Anwendbarkeit der umgekehrten Karten. Auf psychologischer Ebene sind diese ein hervorragenden Werkzeug, eine Situation oder Person tiefer zu ergründen. Auf der Ereignisebene findie ich persönlich die Umkehr schwierig. Möchten Sie also wissen, wie sich eine Situation weiterentwickelt, könnten Sie auf die umgekehrten Karten verzichten, indem sie diese einfach aufrecht drehen.

Sobald Sie merken, dass Ihnen die Deutung der umgekehrten Karten zu große Schwierigkeiten bereiten, lassen Sie diese einfach weg. Das Kartenlegen funktioniert auch ohne. Die Umkehr kann eine große Bereicherung sein, soll aber keine Last werden.

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