Wie gestalte ich ein Lenormand Kartendeck selbst? Und wie läuft die Entwicklung vom Entwurf bis zum fertigen Printprodukt ab? Häufig werde ich das gefragt. Heute nehme ich Sie mit hinter die Kulissen. Ich zeige Ihnen meine Lenormand „Werkstatt“ und erkläre Ihnen wie ich ein eigenes Kartendeck entwickle. Dieser ungewöhnliche Einblick ist interessant für alle, die etwas über die Produktion von Orakeldecks wissen möchten, weil sie selbst gerne mit den Karten arbeiten oder vom eigenen Kartendeck träumen.
Wie bei mir alles begann
Über Lenormandkarten schreiben ist das eine, sie selbst zu entwerfen, ist eine ganz andere Geschichte. Nach mehreren Lenormandbüchern hat mich genau das gereizt. Durch meine fotografischen Kenntnisse war ich bereits mit den Werkzeugen eines Grafikdesigners vertraut. Denn ohne Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop und Co. geht es nicht. Das wäre sonst wie Töpfern ohne Ton. Somit fiel mir der Einstieg in die neue Materie recht leicht, obgleich ich mir ansonsten nirgendwo Tipps und Hilfestellungen holen konnte, weil es zur Gestaltung von Kartendecks keinerlei Anleitungen gibt. Daher schreibe ich diesen Leitfaden für Sie, der mit meinen Erfahrungen vollgepackt ist.
Wie so oft in meinem Leben stürzte ich mich auch in dieses Projekt blindlings hinein, ohne detaillierte Planung und ohne fremde Hilfe. Zum Glück wusste ich durch meine Autorentätigkeit ein wenig über Print und die dafür notwendigen Anforderungen Bescheid. Auch wenn der Druck der finale Schritt in der Kartenherstellung ist, tun sich genau bei diesem Punkt die unvorhersehbarsten Hürden auf. Aber dazu später mehr. Mein erstes Kartendeck mit dem Titel Lichtblick Lenormand erschien somit 2018.
Wenn man von einer Sache überzeugt ist und unbändige Freude daran hat, kann zwar so manches schiefgehen, aber man ist imstande, die Herausforderungen zu meistern. Und mit jedem Schritt und auch Fehltritt wird man klüger. So hatte ich mit meinem ersten Kartendeck schon einiges an Erfahrung gesammelt, was mir der Aufwind gab, bereits 2020 mein zweites Lenormand Kartendeck in Angriff zu nehmen: Das Epic Light Lenormand. Inzwischen ist dieses bei Etsy ein Bestseller und verkauft sich in die ganze Welt. Sogar in YouTube Videos japanischer Influencer werden meine Karten regelmäßig verwendet.
Mittlerweile gibt es zu den Hauptkarten die 36 Epic Light Zusatzkarten. Dazu kommen weitere Kartendecks wie das Kingdom´s Night Lenormand, das Fairylandia Lenormand und Cosmic California. Dieses ist mein neuestes Werk, das heute in der Vorstellung meines Workflows unter anderem Model steht. Aber erstmal zeige ich Ihnen, wie alles beginnt.
Kann man von der Gestaltung und dem Vertrieb der Kartendecks leben?
Wenn man ein Kartendeck nicht nur für sich, sondern auch für andere produzieren möchte, ist die Monetarisierung nicht unerheblich. Denn der Input ist so riesig, dass man nicht aus reinem Idealismus hunderte Stunden Arbeitszeit und enorme Druckkosten investiert. Kartendecks zu entwerfen und vor allem sie langfristig zu vertreiben, ist ein VOLLZEITJOB! Da ich von meiner kreativen und spirituellen Arbeit lebe, muss sie sich auch lohnen. Die Einnahmen aus meinen Kartendecks decken also unter anderem meine Lebenskosten.
Doch von einem einzigen Kartendeck kann ein Designer genauso wenig leben, wie ein Schriftsteller von einem einzigen Buch. Das erklärt übrigens, warum die allermeisten großen Autoren ein Buch nach dem anderen auf den Markt bringen. Nur durch eine gewisse Anzahl an Werken können sie ihren Lebensunterhalt finanzieren. Trotz dieser Tatsache, würde ich all das nicht tun, wenn ich es nicht so sehr lieben würde, neue Kartendecks zu erschaffen und damit die Welt des Lenormand immer bunter und vielfältiger zu machen.
Der Schritt ins Unternehmertum
Spätestens in dem Moment, wo man sein eigenes Kartendeck vertreibt, wird man zur Unternehmerin und das mit vollumfänglicher Verantwortung für alle damit verbundenen Tätigkeiten. Auch wenn es erschreckend nüchtern und wenig künstlerisch klingt, kann man davon nicht absehen. Denn die betriebswirtschaftliche Seite spielt bei der Gestaltung und der Vermarktung eines Kartendecks eine ungemein große Rolle. So sieht es zumindest aus, wenn man Kartendecks gestaltet, die für den Verkauf gedacht sind. Dann muss man von Anfang an darüber nachdenken, ob man Geld mit der Entwicklung des Produkts verdienen kann. Wer einfach nur für seine persönlichen Zwecke ein Deck gestalten möchte, braucht sich um die Monetarisierung und andere Aspekte wie Urheberschutz keine Gedanken machen.
Doch sobald auch nur ein Kartendeck einen Käufer erreicht, ist man unternehmerisch tätig und somit in einer wirtschaftlichen Selbständigkeit, die jede Menge administrative und kaufmännische Aufgaben mit sich bringt. Deswegen benötigt man dafür ausreichend Kapazitäten. Mal eben nebenbei kann man niemals ein vernünftiger Unternehmer sein und den Anforderungen gerecht werden. Diesen riesengroßen Schritt muss man sich bewusst machen und alle notwendingen Vorkehrungen treffen.
Buchhaltung, Bestellabwicklung, Versand, Verpackung, Kundenservice, IT, Webseitenaufbau- und pflege, Marketing, Lagerhaltung usw. gehören dazu und erfordern einen ungeheuren Aufwand und nicht zuletzt viel Platz. In meinen beiden Büros stehen insgesamt vier Monitore, drei Rechner, vier Tische und stapelweise Kartons mit Kartendecks, Büchern und anderen Produkten. Auf dem Foto sehen Sie den schönen Part meines Studios. Was Sie nicht sehen sind Unmengen leerer und voller Kartons von Warenbestellungen, riesige Stapel Verpackungsmaterial, die sperrigen Beleuchtungsschirme zum Drehen der YouTube Videos, meinen Mann, der mich immer wieder tatkräftig bei Buchhaltung und Versand unterstützt sowie meinen Hund, der immer mittendrin und somit meistens im Weg liegt :-). So sieht die Realität rund um das Designen aus. Alltagsbusiness statt Künstlerwelt!
Anleitung – Die Grundidee für das eigene Lenormand Kartendeck
Zu allerst braucht man eine Grundidee, um ein Kartendeck zu gestalten. Hier beginnt der schöne, kreative und intuitive Prozess. Für mich ist dabei immer erstmal vorrangig, was mir gefällt. Ich könnte nie etwas herausbringen, was nicht meinen Geschmack trifft. Inspiration ist dabei alles und die findet man überall. Grundsätzlich kann man sich von folgenden Stilen inspirieren lassen:
- Zeitlichen Epochen wie dem Viktorianischen Zeitalter oder dem Barock
- Eher romantisch und verspielt oder minimalistisch und klar
- Tag oder Nacht (mein Kingdom´s Night ist ein Beispiel für ein Nacht-Kartendeck), Jahreszeiten
- Farbenfroh und bunt oder wenige Farbtöne bzw. softe Farben
- Rahmen und Linien um das Motiv oder randlose Motive (dies bevorzuge ich für alle meine Decks)
- Integration weiterer Symboliken wie z.B. aus der Astrologie, Skat etc.
- Fantasywelten oder realistische Darstellung
- Ein Hauptcharakter für alle Symbole, z.B. Feen & Elfen, Der kleine Prinz, Orient, Comic, Feminismus
Hat man einen Stil festgelegt, kommt es immer darauf an, dass er nicht nur einem selbst, sondern auch einem breiten Publikum gefällt und nicht zu speziell oder nischig ist. Denn wer ein Kartendeck verkaufen möchte, muss über seine eigenen Präferenzen hinaus auch die des Marktes treffen. Daher empfiehlt sich vorab immer eine gründliche Recherche. Was gibt es bereits am Markt? Welche Designs sind gerade angesagt? Hat meine Idee ein Alleinstellungsmerkmal? Kann man den Stil auch als Außenstehender auf Anhieb erkennen und definieren? Oft ist weniger mehr. Ich würde keinen willkürlichen Stilmix empfehlen und z.B. Jugendstil mit Fantasy mischen. Auf dem Markt finden sich einige Negativbeispiele, die alle möglichen Stilarten vermischen. Das Ergebnis wirkt nicht nur unruhig und unrund, sondern auch unprofessionell. Auch von selbst gezeichneten Karten würde ich abraten, außer man ist eine professionelle Illustratorin.
Recherchieren Sie vor Beginn unbedingt, welche Kartendecks es bereits am Markt gibt, um sich davon abzugrenzen! Kopien haben noch nie Erfolg gehabt. Ein gutes Kartendeck ist immer ein Ausdruck der eigenen Kreativität und Vorstellungskraft!
Eine goldene Regel lautet: Lass das Symbol unverkennbar in den Vordergrund treten. Auf der Karte muss auf Anhieb klar erkennbar sein, um welches Lenormandsymbol es sich handelt. Deswegen sollte man mit weiteren Objekten eher sparsam umgehen, damit sie nicht vom Hauptmotiv ablenken. Zu prunkvoll sollte die Karte daher nicht ausgeschmückt sein und die Szenerie im Hintergrund dezent gehalten werden.
Rahmen sind z.B. eine beliebte Ausschmückung, von der ich unbedingt abrate. Nicht nur, dass diese oftmals zu massiv erscheinen und das Motiv „eindrücken“. Wenn Sie die Decks nicht gerade bei einem Großproduzenten für Verlagshäuser herstellen lassen, sondern bei einer normalen Druckerei (dazu zählt auch meinspiel.de), kann es minimale Verschiebungen im Druckbild geben, sodass der Rand womöglich nicht exakt gleich aufgetragen wird.
Bildquellen für die Lenormandsymbole
Entscheidend ist auch die Frage, ob man Fotografien oder Illustrationen als Motive möchte. An Fotos kommt man wesentlich leichter heran, weil man zumindest einige Bilder der Symbole selbst schießen kann. Andere findet man bei Bildagenturen. Für meine Kartendecks verwende ich eine Mischung aus beidem. Ein Bär oder ein Fuchs laufen einem eben nicht so oft vor die Linse. Wo es möglich ist, fotografiere ich selbst. Im Lichtblick Lenormand sind sogar Eule und Schlange meine eigenen Motive, aber das war ein Glücksfall.
Doch wenn es darum geht, mit der Symbolik in eine bestimmte Epoche einzutauchen, benötigt man meist fremdes Bildmaterial, außer Sie haben zu Hause Fotomodelle und einen Kostümfundus mit stilgerechter Location. Zum Beispiel ist der Herr aus meinem Kingdom´s Night ein gekauftes Bild, da sich diese Art von professioneller Bildkunst mit Model selten im eigenen Rahmen ablichten lässt.
Bildagenturen wie adobe stock sind beliebte und seriöse Quellen. Dort wird mit einem Lizenzmodell gearbeitet, sodass man die Bilder für einen entsprechenden Preis erwerben und für sein Projekt verwenden darf. Ich kann nur dringend dazu raten, die kommerziellen Nutzungsrechte von Bildern zu prüfen, da man ansonsten Urheberrechtsverletzungen begeht, die im Zweifelsfall hohe Summen Geld kosten können.
Außerdem ist es elementar, auf eine gute Bildqualität zu achten, damit die Motive im Druck hochwertig erscheinen. Das ist vor allem ein Thema, wenn man selbst fotografiert. Hier sollte man nur mit einer richtigen Kamera am Werk sein und fotografische Grundregeln kennen. Alle Bilder müssen im Anschluss in zahlreichen Durchläufen bearbeitet werden. Ist das Grundmotiv schon von niedriger Qualität (z.B. eine Nachtaufnahme mit dem Handy), ist eine nachträgliche Bearbeitung bzw. Optimierung des Fotos kaum noch möglich. Ein professionelles Bild als Grundmaterial ist also eine notwendige Basis. Daran lässt sich immer erkennen, ob jemand professionell oder laienhaft Karten designt.
Bildrecherche für die richtige Motivwahl
Für die Bildrecherche benötigt man viel mehr Zeit als gedacht. Die Suche kann sich über Wochen erstrecken. Das Ziel ist ja, einen einheitlichen Look für das Deck zu schaffen. Natürlich gibt es tonnenweise Bilder von Häusern, doch nur 1-2% passen zu Ihrem gewählten Stil und somit zu Ihrer Hauskarte! Deswegen sucht man oft nach der Stecknadel im Heuhaufen. Die Anforderung an mein Kingdom´s Night Kartendeck war hoch, weil ich jedes Symbol in eine nächtliche Atmosphäre tauchen wollte. Ein Mond findet sich dabei leicht, nicht aber ein Kind oder ein Reiter in nächtlicher Szenerie. Wie so oft bei meinen Kartendecks hatte ich auch dieses Mal Glück. Da ich selbst jahrelang große Bildagenturen mit meinen Fotos und Grafiken beliefert hatte, weiß ich natürlich auch, wie man am geschicktesten sucht.
Nichtsdestotrotz muss man sich bewusst sein, dass manche Lenormandsymbole selbst bei den größten Agenturen Mangelware sind. Zum Beispiel findet man nirgendwo Ruten, allenfalls Besen. Davon aber nur einen und keine zwei! Genau dafür sind Grundkenntnisse in Photoshop erforderlich, damit man weiß, wie man aus einem Besen zwei macht. Auch Sense, Anker und Sarg sind äußerst schwer zu findende Symbole, vor allem, weil sie nicht zu brachial wirken dürfen, sondern etwas „Gefälliges“ an sich haben sollten. Keiner möchte z.B. einen offenen Sarg sehen oder eine Sense wie aus einem Horrorfilm. Genau deswegen wird die Suche bei einigen Motiven äußerst knifflig. Wer hier einen langen Atem beweist und mehrere Agenturen durchforstet, wird belohnt.
Herr und Dame als Paar finden
Eine besondere Herausforderung stellen immer Herr und Dame dar. Bilder von Fotomodellen zu finden, ist kinderleicht. Nicht aber, wenn sie in eine bestimmte Richtung blicken sollen und der Hintergrund dezent sein muss, um ihn stilistisch anpassen zu können. Wählt man einen Vintage-Stil für sein Deck, ist es umso schwieriger passende Bilder zu finden, die der gewählten Zeit entsprechen, da Aussehen, Kostüm und Requisiten passen müssen. Ein Portrait kann noch so grandios sein, aber unbrauchbar, wenn im Hintergrund z.B. ein Oltimer zu sehen ist, den es im vorletzten Jahrhundert noch nicht gab!
Zudem findet man nie einen Herrn und eine Dame vom selben Fotografen, die optisch perfekt zueinander passen und in die passende Richtung blicken. Es ist quasi so, als müsste man für sein Kartendeck in einem schier endlosen Pool an Menschen die perfekten Soulmates finden – fast wie im richtigen Leben. Irgendwann gelingt es immer, aber so manche Suche brachte mich schon zur Verzweiflung.
In diese Fallen sollte man nicht tappen
Sollte man für die Personenkarten eigene Fotos verwenden, z.B. die Tochter der besten Freundin für die Karte Kind, sollte man sich trotz aller innigen Verbindungen, eine Nutzungserlaubnis geben lassen, da ansonsten durch die kommerzielle Verwendung des Fotos Personenrechte verletzt werden, die im Streitfall von den Eltern des Kindes anfechtbar wären! Kauft man die Bilder bei einer Agentur muss man sich darüber keine Sorgen machen.
Fotografiert man Objekte selbst, muss man auch hier auf etwaige Urheberrechtsverletzungen achtgeben. Oft dürfen auch Fotos von öffentlichen Bauwerken nicht frei verwendet werden, sodass für das Fotografieren zu kommerziellen Zwecken Genehmigungen notwendig wären. Gerade bei Architektur gibt es unzählige ungeahnte Fallstricke.
Verwendet man ein selbst gemachtes Foto von einem Designerring kann auch das zum Problem werden, weil der Designer des Schmuckstücks ein Urheberrecht und somit auch ein Verwertungsrecht an dem Design des Ringes besitzt. Ich bin auf diesem Gebiet nur als Laie unterwegs und alle Angaben in meinen Beispielen erfolgen ohne Gewähr. Allerdings ist es Fakt, dass viele Urheberrechtsverletzungen aus Unwissenheit begangen werden und daher der sicherste Weg immer der über eine Bildagentur ist. Diese prüft urheberrechtlich, ob die Datei zum Verkauf angeboten werden darf.
Der Titel des Orakel Kartendecks
Meist schon zu Beginn des Workflows steht für mich der Titel des Kartendecks fest. Er ist die Visitenkarte des Werkes. Von daher sollte der Titel weise gewählt sein. Hierbei verlasse ich mich auf meine Intuition, die mich bis jetzt immer zuverlässig vor Entstehung des Werkes zu den idealen Worten geführt hat.
Der Name Kingdom´s Night Lenormand ist zum Beispiel auf diese kuriose Weise zu mir gekommen: Als meine Playlist zu Ende gespielt war, sprang sie willkürlich auf einen Interpreten, bei dessen Lied ich buchstäblich hellhörig wurde. Mein Gefühl sagte mir, ich solle mal die Titel seines Albums ansehen. Und prompt wurde ich fündig: Kingdom´s Night. Der Song gefiel mir nicht, aber ich hatte den perfekten Namen für mein Deck.
Grundsätzlich sollten Titel nie zu lang und gut aussprechbar sein. Fügen Sie unbedingt das Wort „Lenormand“ hinten an. Fantasienamen sind möglich, aber nicht mein Ding. Ich möchte, dass der Titel direkt Bilder im Kopf wachruft oder eine Stimmung vermittelt wie Epic Light Lenormand. Wenn man – auch ungeplant – später ins Ausland verkauft, empfiehlt sich ein englischer Werktitel. Bei meinem Lenormanddeck im japanischen Stil habe ich ausnahmsweise ein japanisches Wort gewählt, das aber auch in anderen Ländern leicht auszusprechen ist: Zenseiki Lenormand. Hier war es wieder Intuitionsarbeit. Mein Gefühl sagte mir, ich sollte mal im Übersetzer nach „Blütezeit des Lebens“ gucken. Prompt war der Titel geboren!
Achtung, auch Titel können Urheberrechte verletzten, wenn sie z.B. als Marke eingetragen sind. Daher sollten Sie unbedingt auf der Webseite für Markenrecht Ihren gewünschten Titel recherchieren.
Der Workflow – von der Rohdatei zur druckfertigen Karte
Schon während man die ersten Bilder für seine Kartenkollektion kuratiert hat, sollte man mit der Bearbeitung der Fotos beginnen. Denn erst im Laufe des Workflows stellt sich heraus, ob die Symbole gut miteinander harmonieren und entsprechend der gewünschten Gesamterscheinung anpassbar sind. Oftmals stellt man dabei fest, dass bestimmte Motive sich einfach nicht ins Konzept einfügen lassen.
Die Bildbearbeitung ist die Projektphase, die mit am meisten Zeit in Anspruch nimmt. Unbearbeitet lässt sich niemals ein stimmiges Gesamtbild entwickeln, da die Bilder alle unterschiedliche oder sogar nur weiße Hintergründe haben und in der Rohfassung keine einheitliche Farb- und Stilgebung möglich ist. Für die Bearbeitung ist also zumindest ein Bildbearbeitungsprogramm notwendig. Der ewige Vorreiter ist hier Adobe Photoshop mit dessen Schwesterprogramm Adobe Lightroom. Für das Finish verwende ich meistens das weniger bekannte Perfect Effects (ich mache dafür KEINE bezahlte Werbung). Das gibt meinen Karten den gewünschten texturierten Look und die passende Farbstimmung. Sicherlich gibt es dazu Alternativen, aber ich bevorzuge diese Programme, in denen ich fit bin.
Die Abbildung zeigt vier Stufen einer Bearbeitung der Epic Light Zusatzkarte Nr. 43, der Salon.
Links: Die Rohdatei
Zweites v. li.: Bilder wurden an die Wand gehängt
Zweites v. re.: Vom kühlen Raum zum warmen Ambiente
Rechts: Die fertige Lenormandkarte mit Ornamenten am Rand, Ziffer und angepassten Farb- und Lichtverhältnissen
Wie ich genau die Bilder bearbeite, wäre hier zu umfangreich zu beschreiben. Zudem ist der Gestaltungsprozess immer abhängig von dem jeweiligen Motiv und somit höchstindividuell. Eines kann ich aber mit Sicherheit für alle Lenormandkarten verraten: In jeder Karte stecken mindestens 70 bis 250 einzelne Arbeitsschritte. Dadurch ergeben sich bei 36 Karten hunderte (unbezahlte) Arbeitsstunden. Jedes Bild besteht am Ende aus etlichen Schichten. Diese entstehen durch typische Bildbearbeitungsvorgänge wie Sättigung, Kontraste, Tiefen, Vignetten, Filter, Ausrichtungen, Gestaltung des Settings, etc.
Während dieses umfangreichen Prozesses wird das Symbol zum Leben erweckt. Das ist vergleichbar mit den Näharbeiten einer Schneiderin. Es fehlen zwar noch Raffinessen und zusätzliche Elemente, aber das Werk gewinnt seine persönliche Kontur. Ist das Grundmotiv bearbeitet, kommen darüber mehrschichtige Texturen, die dem Bild den individuellen Look & Feel verpassen und das antike Aussehen verleihen. Mitunter kommt es vor, dass ich dem Ursprungsbild Attribute hinzufüge. So erhält z. B. ein leeres Briefpapier geschriebene Zeilen mit antiken Stempeln für die Karte Brief.
Feinschliff auch für die Nummerierung der Karten
Nicht zu vergessen, ist die perfekte Auswahl der Schriftart für die Ziffern. Auch dafür benötigt man eine kommerzielle Nutzungslizenz, die mit dem Kauf der Schrift meistens übertragen wird. Standardschriften aus der Microsoft Welt sind für künstlerische Werke in aller Regel tabu. Für ein Kartendeck muss es also etwas Besonderes sein, was exakt zum Stil passt. Zudem muss man darauf achten, dass die Nummerierung passend platziert und gut lesbar ist. Sie darf im Gesamterscheinungsbild nicht wie ein Fremdkörper wirken. Wo die Nummern positioniert werden, ist Geschmackssache. Sie sollten aber auf jeden Fall unterhalb der oberen Karten stehen und nirgendwo sonst.
Im Blick behalten sollte man auch die Kosten, die nicht nur durch den Druck entstehen, sondern auch bei der Herstellung. Das Abo fürs Bildprogramm, Lizenzgebühren für Bildagenturen, herunterladbare Ornamente, Schriften und Designelemente, ein ausreichend großer Monitor, Speicherplatz, weitere Soft- und Hardware, Probedruck.
Die Rückseite der Lenormandkarten
Ich gestalte den Rücken der Karten immer erst zum Schluss. Dann bin ich mit all meinen Motiven eng zusammengewachsen und habe sie quasi so tief in mir verinnerlicht, dass ich ganz intuitiv wahrnehme, welche Rückseite am besten zu der „Bildergeschichte“ passt. Trotzdem ist das Designen meist recht aufwändig, weil die Rückseite einige Anforderungen stellt.
Hier sollte etwas verwendet werden, was den Titel des Decks widerspiegelt. Bei meinen Epic Light Lenormandkarten habe ich eine Illustration einer golden glänzenden Sonne gewählt. Für das Kingdom´s Night Lenormand, das in die Nacht eines Königreiches eintaucht, habe ich eine glitzernde Krone und ein feudales, nachtblaues Muster für den Hintergrund gewählt.
Wichtig ist dabei, die Rückseite möglichst schlicht zu halten und sich hier nicht spielerisch auszutoben. Dafür ist schlichtweg kein Platz. Außerdem sollte ein verwendetes Motiv mittig platziert werden, um es präsent und unmittelbar erkennbar erscheinen zu lassen. Finger weg von zu feinen Details, die später auf der kleinen Karte kaum sichtbar sind.
Wenn man auf dem Rücken kein Symbol einsetzen möchte, funktioniert ein sich wiederholendes Muster immer gut. Übrigens zeugt es NICHT von Professionalität auf dem Rücken seinen eigenen Namen, den des Decks oder einen Webseitennamen zu platzieren! Spielen Sie dafür ruhig mit Farben, aber stimmen Sie diese immer auf die gesamte Farbgebung der Vorderseiten ab. Dezentes Design perfekt abgestimmt auf den „Vibe“ des Decks liefert ein schönes Ergebnis, an dem sich die Nutzer bei jeder Anwendung der Karten erfreuen.
Formatierung ist alles
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Über die Formatierungsfalle bin ich schon so oft gestolpert, dass ich inzwischen wie ein Luchs achtgebe, dass meine Karten vom ersten Moment an richtig gesetzt sind. Das erspart viele Stunden Nachbearbeitung aufgrund von Formatierungsfehlern, die sie ich meist wie ein unsichtbarer roter Faden durch die Dateien ziehen.
Dafür muss man wissen, welches Endformat die Karten haben sollen. Ohne das Format festgelegt zu haben, braucht man nämlich gar nicht erst anfangen. Das ist die goldene Grundregel der Kartengestaltung. Hierfür kann man allerdings kein freies Format wählen, sondern muss im Vorfeld recherchieren, welche Formate für Lenormand Kartendecks üblich sind und was die Druckereien anbieten. Zu achten ist auch darauf, dass sich die Kartengröße gut mischen lässt. Deswegen wähle ich lieber kleinere, handliche Formate. Die Druckdaten bestimmen Ihre Formatierung, welche man in Photoshop als Grundlage für alle Karten verwendet.
Weitere essenzielle Punkte für die Formatierung
- Die Datei muss mit 300 dpi angelegt werden, da sie mit den üblicherweise voreingestellten 72 dpi nicht druckfähig ist.
- Der Farbraum ist in aller Regel RGB (8 Bit/Kanal).
- Rand für den Beschnitt von normalerweise 3 mm muss beim Format für alle vier Kanten eingeplant werden.
- Runde Ecken nicht selbst vorher anlegen, sondern nur mit dem rechteckigen Format arbeiten.
- Große Formate für Kartendecks sind schön, aber im Druck auch sehr teuer! Jeder Millimeter Papier kostet Geld, besonders beim aktuellen Papiermangel.
- Das klassische Tarotkartenformat passt nicht zu Lenormandkarten. Die Karten sollten keinesfalls zu überproportional lang oder breit sein. Sonderformate (z.B rund) sind auf dem Markt schwerer verkäuflich.
- Goldränder und alles, was richtig glänzt, kann man nicht selbst erzeugen. Dies muss durch Folienkaschierung von der Druckerei aufgetragen werden. Achtung: Hierzulande exorbitant teuer und von den meisten Druckereien wird dieses Extra gar nicht angeboten.
- Beachten Sie bei der Kartengröße, dass Ihr Deck später auch versendet werden muss. Je größer, desto mehr Gewicht und Kartenschachtel! Versandkosten insbesondere ins Ausland sind inzwischen unglaublich teuer, weil die Versanddienstleister hierzulande eine exorbitante Preispolitik betreiben. Baut das Deck mit dem Umschlag über 2 cm auf, kann der Versand ins Ausland (auch innerhalb Europas) kaum noch abgedeckt werden, ohne entweder erheblich an Marge zu verlieren oder dem Kunden Porto von weit über 10 Euro zuzumuten.
Das Lenormand Kartendeck drucken
Wovon ich ausdrücklich abrate, ist die Karten selbst zu drucken. Das kann nur in die Hose gehen, da selbst noch so gute Heimdrucker niemals an die Qualität einer Druckerei herankommen. Außerdem ist der Eigendruck auf den Stückpreis heruntergerechnet nicht günstiger. Zudem muss die Konfektionierung, also das Beschneiden und Eckenrunden, eingeplant werden. Das geht nur mit großen Stanzmaschinen und nicht mit einem Eckenknipser aus dem Bastelbedarf. Wer seine Karten zum Verkauf anbieten möchte, muss den Weg über eine Druckerei gehen, die im besten Fall auf Spielkartenproduktion spezialisiert ist. Die Druckereien von Großverlagen sind für unsereins unbezahlbar und die Lieferzeiten extrem lang. Dort können Sie sich den Aufwand einer Anfrage sparen. Zudem wird dort erst ab Auflagen von mehreren Tausend ein Angebot unterbreitet.
Jeder Druck ist eine Kostenfrage und zwar eine teure. Hier braucht man nichts schönreden. Kleine Auflagen bis zu 200 Stück sind besonders kostenintensiv, was sich in einem hohen Netto-Stückpreis niederschlägt. Auf jeden Fall muss man hier für eine Auflage von ca. 200 Stück mit ca. 800 Euro rechnen. Das aber alles ohne Falt- oder Stülpschachtel, sondern nur das reine Kartendeck. Allerdings braucht man eine adäquate Verpackung, zumindest in einem Säckchen.
Ich empfehle unbedingt einen Probedruck (1 Deck ca. 20 Euro bei Mein Spiel – keine Werbung) machen zu lassen, um zu testen, wie die Farben herauskommen und wie der Beschnitt ausfällt. Ich hatte bis jetzt kein Kartendeck, wo keine Nachbearbeitung notwendig gewesen wäre. Übrigens lasse ich die Karten am Ende nicht bei der genannten Druckerei produzieren, sondern bei einem anderen exklusiven Spielkartenhersteller.
Über meine Erfahrungen mit Druckereien könnte ich inzwischen ein ganzes Buch schreiben. Ich möchte hier nicht weiter auf Details eingehen, da jeder Druckauftrag anders verlaufen kann. Jedenfalls sollte man an der Druckqualität nicht sparen, da es zu Recht kritische Käufer gibt, die Ihr Produkt auf entsprechenden Verkaufsplattformen bewerten und hierbei insbesondere Druckbild, Papier und Haptik der Karten entscheidende Kriterien sind. Finger weg von Billig-Produktionen in Asien, da im Reklamationsfall kein Ansprechpartner da und das vorab bezahlte Geld weg ist. Außerdem verurteile ich die Arbeitsbedingungen in den meisten asiatischen Produktionen. Auch das Thema Nachhaltigkeit ist bedenkenswert.
Fazit zur Gestaltung eines eigenen Lenormand Kartendecks
Alles in allem ist ein marktfähiges Kartendeck ein langandauerndes, kosten- und zeitintensives Großprojekt. Der kreative Part ist eindeutig das schönste daran, aber nur ein Stück des Kuchens. Wovon ich aus Platzgründen in diesem Artikel nicht gesprochen habe, ist der Verkauf und das Marketing. Ist ein Kartendeck einmal fertig, geht die Arbeit erst richtig los. Hierauf muss man Lust haben und bereit sein, sehr viel dafür zu tun und zwar laufend. Wer das alles meistert, ist aus Leib und Seele Designer und Unternehmer.
Zu guter Letzt: Verkaufsplattformen wir Etsy bieten eine hervorragende Starthilfe. Allerdings ist die internationale Versandpolitik inzwischen eine Wissenschaft für sich. Heute ist es nicht mehr ausreichend, irgendwo eine Briefmarke aufzukleben. Die Versandanforderungen fürs Ausland sind inzwischen diffizil, aufwändig und teuer, spezielle Drucker und Labels von nöten. Auch das sollten Sie unbedingt in die zeitliche und wirtschaftliche Kalkulation einplanen. Inzwischen ist es nicht mehr möglich, ohne aufwendiges und überteuertes Anmeldeverfahren nach Österreich zu versenden. Auch solche Änderungen muss man als Unternehmer berücksichtigen.
Mein Kingdom´s Night Lenormand Kartendeck ist hier erhältlich: